Ein Kind braucht das Gefühl von Geborgenheit, Beachtung und Zuwendung, es braucht eine emotional sichere Basis. Von
dieser aus kann es seine Gefühle, ob positiv oder negativ, äußern und
fühlt sich darin ernst genommen. Nur in diesem sicheren Rahmen hat es
die Möglichkeit, Frustrationen und Grenzen zu verarbeiten und lernt diese
zu akzeptieren
4.8.1 Eingewöhnung
Die Eingewöhnungsphase spielt deshalb in unserem Konzept eine zentrale Rolle. Das
gute Gelingen dieser Zeit ist für uns der Grundbaustein für gute
pädagogische Arbeit und der Aufbau einer Vertrauensbeziehung von Eltern
- Kind - Erzieher. Wir arbeiten auf den grundlegenden
Erkenntnissen der Bindungsforschung/theorie und dem “ Berliner
Eingewöhnungsmodell von Prof. Dr. E. Kuno Beller, Professor für
Kleinkindpädagogik im Fachbereich Erziehungswissenschaft und
Psychologie an der Freien Universität Berlin.
Die Bindungstheorie beschreibt das Bedürfnis des Kindes, eine enge und von starken Gefühlen geprägte Beziehung zu seinen Mitmenschen aufzubauen. Das
Kind entwickelt eine spezielle Beziehung zu seinen Eltern, in der Regel
besonders zur Mutter oder zu anderen konstanten Bezugspersonen. Diese
intensive Bindung („sichere Basis“) soll das Kind veranlassen, im Falle
einer vorhandenen oder subjektiv erlebten Gefahr oder Bedrohung, bei
seiner/en Bezugsperson/en Schutz und Beruhigung zu suchen und
einzufordern. Fühlt sich ein Kind wohl, bewegt es sich weg von der
„sicheren Basis“ und erkundet die Umgebung. Diese Theorie wurde von dem britischen Kinderpsychiater John Bowlby Anfang der 70er Jahre entwickelt.
Die Praxis Die
ersten Wochen in unserem Haus bedeuten für viele Kinder aufgrund der
fremden Umgebung, den fremden Menschen und den neuen Gepflogenheiten
zunächst große Unsicherheit und damit ein verstärktes Bedürfnis nach
Sicherheit und Schutz. Jedes Kind wird sich in seinem individuellen
Bindungsverhalten zeigen. Es gibt Kinder, die sich begeistert auf
die neuen Spielsachen stürzen und ihre Eltern dabei zu vergessen
scheinen. Andere Kinder gewöhnen sich erst langsam an die neue
Situation und suchen zwischendurch Rückversicherung bei der
Bezugsperson, bei der „sichern Basis“ und es gibt wieder andere Kinder,
die sich nur schwer oder gar nicht von den Eltern lösen können. Dies
sind nur Beispiele, die ganz unterschiedliche Verhaltensweisen von
Kindern aufzeigen, die bedingt sind von der individuellen
Bindungsgeschichte (wie z.B. Vorerfahrungen mit Fremdbetreuung). Manche
Eltern machen sich auch Sorgen, daß sich die Betreuung in einer
Kindertagesstätte negativ auf die Beziehung zu ihrem Kind auswirken
könnte. Die Praxis zeigt jedoch, daß qualitativ hochwertige Fremdbetreuung die Eltern-Kind-Bindung nicht beeinträchtigt.
Was brauchen Eltern und ihre Kinder in der Eingewöhnungsphase? Das
erste Gespräch zwischen Eltern und Pädagogen ist für uns besonders
wichtig. Es bildet den ersten Schritt in der Elternarbeit. Die Eltern müssen sich sicher sein, daß ihre Kinder bei uns gut „aufgehoben” sind. Der erste Baustein für eine tragfähige Vertrauensbasis wird geschaffen.. Im
Gespräch wird den Eltern verständlich gemacht, daß ihr Kind nur dann
eine Beziehung zur Erzieherin, zu den anderen Kindern und zu den
vorhandenen Räumlichkeiten aufbauen kann, wenn ein Elternteil oder eine
andere Bezugsperson als "sichere Basis" dem Kind in der neuen Situation
zur Verfügung steht. Ohne Unterstützung der Eltern ist das Kind bei dieser Umstellung überfordert. Diese „sichere Basis“ ist so lange nötig, bis die Bezugserzieherin als Vermittlerin von Vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit und Trost vom Kind angenommen wird.
Daraus ergibt sich unsere Forderung an Eltern oder eine andere Bezugsperson: - während der Eingewöhnungsphase immer mit dem Kind anwesend zu sein und es je nach Bedarf zu begleiten - sich dadurch auch selbst mit dem Tagesablauf in unserem Haus vertraut zu machen
Eltern sollten ihre eigenen, eventuell widersprüchlichen Gefühle im Eingewöhnungsprozess erkennen und akzeptieren. Unsere Pädagogen stehen für klärende und unterstützende Gespräche zu Verfügung. Die Eltern können darauf vertrauen, daß unsere Pädagogen ihre Schwierigkeiten und die der Kinder verstehen. Eine
gute einfühlsame Eingewöhnungszeit schafft Vertrauen bei allen
Beteiligten und bildet DIE BASIS für ein förderliches gemeinsames
Wachsen. Je nach familiärer Situation und Reaktion des Kindes kann
die Eingewöhnungszeit unterschiedlich lang dauern. Ein Zeitraum von
mindestens 2 Wochen sollte eingeplant werden, jedoch ist im Regelfall
die Eingewöhnung nach ca. 4 Wochen abgeschlossen, kann aber auch länger dauern.